Projektdauer:01/2001 – 03/2002
Projektleitung:Prof. Dr. Peter Pawlowsky & Prof. Dr. Uta Wilkens
Finanzierung:Daimler Benz Stiftung

Inhalt:

Den Ausgangspunkt des ersten Diskurs-Treffens bildete der gesellschaftliche Strukturwandel zur Wissensgesellschaft, der durch eine Entmaterialisierung von Wertschöpfungsprozessen gekennzeichnet ist. Dies wird zum einen durch eine wachsende Bedeutung wissensintensiver Dienstleistungen, wie zum Beispiel Forschung und Entwicklung, Beratung oder Software dokumentiert. Schätzungen zufolge (vgl. Prognos-Projektion 2010) werden zum Ausgang dieses Jahrzehnts bereits 35 Prozent der Erwerbstätigen in neuen Bereichen tätig sein. Zum anderen erfasst dieser Wandel aber auch traditionelle Industrien, deren Wertschöpfung ebenfalls zunehmend weniger durch die Verarbeitung und Veredelung von Materialien begründet wird als vielmehr durch spezifische nutzenstiftende Ideen, Forschungsleistungen, Images oder Services, die in ein Produkt einfließen bzw. mit diesem verbunden werden.

Durch diesen Wandel verändern sich die Bedingungen von Arbeitsmärkten, Unternehmertätigkeit und Erwerbsarbeit tiefgreifend. Denn mit einer Entmaterialisierung von Wertschöpfungsprozessen geht eine Virtualisierung von Unternehmen und eine Auflösung von Unternehmensgrenzen einher. Wissen wird selbst zunehmend zum handelbaren Gut und begünstigt damit die Bildung temporärer und passagerer Organisations- und Arbeitsstrukturen. Netzwerke und Projektorganisationen gewinnen entsprechend an Bedeutung. Die zunehmende Wissensanreicherung und die wachsende Bedeutung von Wissen in betrieblichen und zwischenbetrieblichen Wertschöpfungsprozessen begründen zum Teil neue Machtkonstellationen zwischen Arbeit und Kapital, indem die Rolle und der Einfluss von Wissensarbeitern gestärkt wird. Im Zuge dieser Entwicklung bilden sich neue Arbeits- und Zeitstrukturen, neue Arbeitsvertragsformen, neue Karriere-, Lern- und Rollenmuster heraus. Damit einher geht ein tiefgreifender und bislang (ziel- und) ergebnisoffener Wandel in den industriellen Beziehungen. Lange Zeit bewährte Formen der Arbeitsregulation verändern sich in neuen Branchen, wie Information und Kommunikation, Beratung, Medien oder Finanzdienstleistungen.

Ziel des ersten Diskurs-Treffens war es, gemeinsam mit Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen für unterschiedliche Analyseebenen (Gesellschaft, Netzwerk, Organisation, Individuum) die sich abzeichnenden Trends und Konturen der Erwerbsarbeit heraus zu arbeiten. Dabei standen Fragen nach Entwicklungsperspektiven in neuen Unternehmensbereichen sowie nach erforderlichen politischen Weichenstellungen und Maßnahmen zur Förderung der Entwicklungsprozesse auf den unterschiedlichen Handlungsebenen im Mittelpunkt.

Im Ergebnis des ersten Diskurses konzentrierte sich das Hauptinteresse auf den Wandel von Organisationsstrukturen und die sich in diesem Zusammenhang herausbildenden neuen Erwerbs- und Erwerbsverlaufsformen. Es wurde konstatiert, dass diese weiter operationalisiert werden müssten. Zukünftig gilt es, neue quantitative Indikatorensysteme zu entwickeln und qualitativ die Spezifika der Erwerbstätigkeit in neuen Bereichen aufzuzeigen. Dafür bedarf es auch der Erweiterung der eingesetzten Forschungsmethoden, beispielsweise durch die Analyse von Arbeitskraftbiographien.

Vor dem Hintergrund neuer Erwerbsformen wurde auch die Dringlichkeit thematisiert, sich mit Fragen des Personalmanagements in Projekt- und Netzwerkorganisationen zu beschäftigen. Dieses Feld reicht von Ansätzen der Personalbeschaffungs- und -einsatzplanung bis hin zur Erfassung betrieblicher oder zwischenbetrieblicher Wissens- und Kompetenzprofile sowie dem Management von Wissensportfolios – Aufgaben, die im Spannungsfeld von Durchlässigkeit und der Schaffung von Bindequalität liegen.

Ein weiteres wichtiges, in Zukunft näher zu untersuchendes Themenfeld wurde in der Veränderung der Arbeitsregulation identifiziert. Dies resultiert aus einer sich teilweise auflösenden Trennungen zwischen Arbeit und Kapital. Hierbei gilt es auch, die Rolle von Wissensarbeitern und deren Interessenwahrnehmung und –durchsetzung genauer zu erforschen.

Auf der Ebene des Individuums kristallisierten sich Fragen des Identitätswandels und Identitätsverlustes, die im Zusammenhang mit temporären und passageren Beschäftigungsformen sowie fluiden Organisationsstrukturen stehen, als forschungsleitend für die Zukunft heraus. Ebenso richtete sich das Interesse auf die Sicherung der Employability im Spannungsfeld von Generalisten- und Spezialistenwissen.

Schließlich wurde mit Blick auf die gesellschaftliche Ebene verdeutlicht, dass die Konsequenzen der sich wandelnden Erwerbsarbeit für die sozialen Sicherungssysteme näher zu untersuchen sind. Außerdem ist zu prüfen, ob öffentliche Aufgaben im Zuge der gesellschaftlichen Entwicklung neu definiert werden müssen, wie zum Beispiel die Sicherung des Zugangs zu Wissen und der Schutz von individuellem und kollektivem Wissen. Außerdem sollten die negativen gesellschaftlichen Begleiterscheinungen im Zusammenhang mit neuen Formen der Erwerbsarbeit bzw. die daraus resultierenden Herausforderungen stärker thematisiert und analysiert werden.

In allen angesprochenen Feldern wird Wert auf eine internationale Perspektive gelegt, die durch ländervergleichende Untersuchungsansätze und die Präsenz in internationalen Diskussionsgruppen gesichert werden soll.

Publikationen:

  • BEHRENDS, T. & WILKENS, U. (2005): Recruitment Policies of Professional Service Organizations – Implications from the Psychological Contract of Knowledge Workers. Conference Proceedings 21st EGOS Conference, June 30 – July 2, Berlin.
  • WILKENS, U. (2004): Management von Arbeitskraftunternehmern. Psychologische Vertragsbeziehungen und Perspektiven für die Arbeitskräftepolitik in wissensintensiven Organisationen. Wiesbaden: DUV. Habilitationsschrift an der TU Chemnitz unter dem Titel: Zum Management von Arbeitskraftunternehmern bei wissensintensiver Arbeit. Arbeitskräftepolitik zwischen Bildung und Durchlässigkeit.
  • WILKENS, U. (2004): Häufige Unternehmenswechsel hochqualifizierter Arbeitskräfte. Bindungsorientierungen von Arbeitskraftunternehmern. In: Pongratz, H. & Voß, G. (Hrsg.): Typisch Arbeitskraftunternehmer? Befunde der empirischen Arbeitsforschung, Berlin: edition sigma, S. 33-56.
  • WILKENS, U. (2004): Managing Tensions and Balancing Dualities – A Guide for Human Resource Management in Knowledge-Intensive Networks. Conference Proceedings 24th Annual International Conference of the Strategic Management Society 2004, Puerto Rico, USA.
  • WILKENS, U. (2003): Involvement and Opportunity Seeking – An Analysis of the Flexible Work Force in Knowledge Intensive Firms. In: Morley, M.J. et al. (Eds.): Exploring the Mosaic, Developing the Discipline, Full Proceedings of the 7th Conference on International Human Resource Management, June 4 – 6, 2003, Limerick: Interesource Group.
  • WILKENS, U. (2004): Collective Efficacy and Frequent Job Changes of Knowledge Workers. Proposal zur Poster-Präsentation für die Conference on Group Interaction in High Risk Environments „The Better the Team, the Safer the World“, Gottlieb Daimler und Karl Benz-Foundation, Swiss Re Centre for Global Dialogue, Switzerland, 6. Mai 2004.
  • WILKENS, U. (2002): Identität und Tätigkeitsorientierung des Arbeitskraftunternehmers – Implikationen für das Management wissensintensiver Arbeit (Kommissionstagung Personal der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft am 29./30.11.02 in Wien).
  • PAWLOWSKY, P. & WILKENS, U. (2001): Konturen der Erwerbsarbeit in der Wissensgesellschaft, Arbeitspapier als Basis für den gleichnamigen Ladenburger Diskurs der Gottlieb Daimler- und Karl Benz-Stiftung.

Vorträge:

  • WILKENS, U. (2008): „Identitätsbildung unter flexiblen Arbeitsverhältnissen“, Jahrestagung zur Biografiearbeit 2008, 6./7.06.08, St. Virgil Salzburg.
  • WILKENS, U. (2004): „Der psychologische Vertrag hochqualifizierter Arbeitskraftunternehmer als Herausforderung und Wegweiser für die Beschäftigungspolitik wissensintensiver Unternehmen” Vortrag auf der 2. Tagung des Arbeitskreises „Empirische Personal- und Organisationsforschung” (AK EmPOR), Mülheim.
  • WILKENS, U. (2004): „Collective Efficacy and Frequent Job Changes of Knowledge Workers” Poster-Präsentation auf der Conference on Group Interaction in High Risk Environments „The Better the Team, the Safer the World”, Gottlieb Daimler und Karl Benz-Foundation, Swiss Re Center for Global Dialogue, Switzerland, 6. Mai 2004.
  • WILKENS, U. (2003): „Zum Management von Arbeitskraftunternehmern bei wissensintensiver Arbeit”, Forschungsvortrag an der FU Berlin auf Einladung des Instituts für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Prof. Sydow, 19.11.03.
  • WILKENS, U. (2003): „Involvement and Opportunity Seeking – An Analysis of the Flexible Work Force in Knowledge Intensive Firms”, 7th Conference on International Human Resource Management, 4.-6. Juni 2003, Limerick.
  • WILKENS, U. (2002): „Identität und Grundorientierung des ‚Arbeitskraftunternehmers´ als Wegweiser für das Management neuer Arbeitskrafttypen”, Vortrag auf der Kommissionstagung Personal der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft am 29./30.11.02 in Wien.
  • WILKENS, U. (2001): „Individuelle Wertorientierungen in wissensintensiven Unternehmen”, Einladung zum Ladenburger Diskurs „Erwerbsarbeit in der Wissensgesellschaft” der Daimler Benz-Stiftung, Ladenburg.